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Annette Schneider

Annette Schneider (Jahrgang 1966) ist Diplommusikpädagogin am Robert-Schumann-Konservatorium Zwickau, Leiterin mehrerer Zupforchester und kleinerer Ensembles, Mandolinistin, Gitarristin, Songwriterin und Komponistin. Ihre eigene Konzerttätigkeit führte sie solistisch, in kammermusikalischen Besetzungen und mit Theateraufführungen schon oft ins In-und Ausland. Wie kam sie zu ihrem Instrument?

Eines Tages brachte meine Mutter, die einige Zeit im Kulturbereich tätig war, eine kleine Mandoline mit nach Hause, die aus einem aufgelösten Orchester stammte. Sie gab mir das Instrument zum Spielen, das heißt, ich benutzte es für meine Puppenschule. Einige Zeit später, da war ich acht Jahre alt und besuchte die 2. Klasse, habe ich selbst mit dem Unterricht angefangen. Das begann so: Nach einem Grundkurs in Musiktheorie am Robert-Schumann-Konservatorium Zwickau wollte ich eigentlich Gitarre spielen.  Es gab einen Aufnahmetest, ich zeigte, dass ich im richtigen Rhythmus klatschen und singen konnte. Für den Eignungstest mit Instrument blieb nicht viel Zeit, ich war eine der letzten Bewerber/-innen an diesem Tag. Damals noch recht klein an Körpergröße, bekam ich eine viel zu große Gitarre in die Hand gedrückt. Ich protestierte und berichtete von meinem kleinen und viel handlicheren Instrument zu Hause. Das hörte die Lehrerin Elisabeth Fietz und nach Zimmerwechsel und zehn Minuten war ich ihre Mandolinenschülerin.

Die richtige Liebe zur Mandoline kam später, als ich mich intensiver damit beschäftigte. Und dass ich dieses Hobby einmal zum Beruf machen würde, war damals noch nicht abzusehen. Ich übte nicht gerade fleißig, meine Eltern mussten mich, sagen wir so, oft daran erinnern und einmal brach meine Lehrerin freundlich, aber bestimmt die Stunde ab, weil ich wirklich nicht vorbereitet war.  Der Funke zündete endlich, als die Zeit des Orchesterspiels kam. Eines Tages, aus heiterem Himmel, saß ich in der 2. Mandoline im Zupforchester, vor mir völlig unbekannte Noten und Rhythmen. Ich wollte mein Können unbedingt unter Beweis stellen. spitzte die Ohren, strengte mich mächtig an und spielte auch dann noch weiter, als die anderen schon rausgeflogen waren. Schnell hatte ich meinen Spitznamen weg »tapferes Schneiderlein«, weil ich auch allein unbeirrt weiterspielen konnte. Meine aufregendsten und schwärmerischsten Musikabenteuer als junge Schülerin habe ich mit diesem Zupforchester erlebt, welches damals von Erhard Fietz geleitet wurde.

Dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe, war ein sehr spontaner Entschluss. Mit 14 wollte ich Regisseurin werden oder Dolmetscherin. Aber in der achten Klasse hatte ich meinen Musikschulabschluss  schon gemacht und galt als ausgelernt. Künftig keinen Mandolinenunterricht mehr zu haben – das konnte ich mir nicht vorstellen. Da sagte man mir: Du kannst ja studieren. In Magdeburg gibt es eine neue Zweigstelle der Leipziger Musikhochschule, dort kannst Du nach der zehnten. Klasse schon beginnen. Und dann wirst du Musikpädagogin. Also nahm ich wie vorgegeben zusätzlich Gitarren-und Klavierunterricht an unserer Musikschule, bestand die Aufnahmeprüfung in Magdeburg und hatte dort noch einen kleinen Kampf zu bestehen, bis das Instrument, das ich bisher am längsten spielen gelernt hatte, als mein Hauptfach anerkannt wurde.

Während des Studiums begann ich zu komponieren, zuerst Lieder, dann auch mein erstes längeres Werk, die »Musik für Chagall«, die ich mit meiner Freundin und Gitarrenlehrerin Elke Scheibner zu meinem Staatsexamen spielte. Nach dem Studium 1988 wurde ich vom Robert-Schumann-Konservatorium Zwickau als Lehrerin für Mandoline und Gitarre übernommen. Der Beginn meiner Arbeit dort war die Zeit kurz vor der politischen Wende.

Im Frühjahr 2022 erhielt ich einen Kompositionsauftrag für zwei Mandolinen, Gitarre und Drumset, gedacht als Staffelstabübergabe. Das Instrumente des Jahres 2022 war schließlich Drumset. Natürlich sagte ich sofort zu, hatte aber noch nie für dieses mir noch fremde Instrument komponiert. Ich musste die Notation lernen, mich mit Technik und Klang der Schlaginstrumente beschäftigen und staunte, wie viele es sind. Unkenrufe, dass die Kombination mit den Zupfinstrumenten überhaupt nicht funktionieren könnte, haben mich aber erst recht motiviert. Es hat Spaß gemacht, mich tief in die Materie einzuarbeiten. Mit Hilfe von Kolleg/-innen und Schüler/-innen habe ich mich dem Instrument beherzt und mutig genähert. Entstanden ist »Elements«, eine Komposition mit fünf Sätzen, die sich mit den Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser aus der daoistischen Naturbeschreibung auseinandersetzt. Dargestellt werden deren Charakter und ihre Wechselwirkung. Der Daoismus ist eine chinesische Philosophie, Weltanschauung man kann fast sagen Religion.

Was ich an meiner Arbeit besonders mag? Ich bin immer noch sehr glücklich in meinem Beruf. Vor allem macht mich froh, dass ich viel für Kinder und Jugendliche tun kann. Wir vermitteln nicht nur Instrumentaltechniken und Noten, sondern Werte, wir lassen Emotionen zu. Die jungen Menschen erleben, wie stark und aufgehoben man in der Gemeinschaft sein kann und wie wichtig es ist, sich selbst und anderen zuzuhören. Wir vermitteln Akzeptanz und Toleranz. Das geht auch mir manchmal schwerer, manchmal leichter von der Hand. Aber das heißt auch, dass ich selbst immer wieder dazu lerne. Ich schöpfe Inspiration und Kraft für meine Arbeit aus dem eigenen Musizieren, Komponieren, Singen, Schreiben, Zeichnen, Improvisieren und liebe es, diese Erfahrungen mit den Schüler/-innen zu teilen. Das Schöne an meinem Beruf ist, dass er Grenzen auflöst, Brücken baut und den Horizont erweitert.