Was geht ihm beim Komponieren seiner rhythmisch verzahnten Kreationen durch den Kopf? Einige Betrachtungen:
Tatsächlich geht die Musik gelegentlich ihre eigenen Wege. Man könnte auch sagen, dass der Zufall seine Hand im Spiel hat – ich gebe mir zumindest Mühe, dass meine Stücke handwerklich einigermaßen sauber sind. Was mir bei Mandoline und Gitarre entgegenkommt, ist, dass beide Instrumente sehr rhythmus-affin sind. Das ist wohl auch ein musikalischer Parameter, der in meinen Stücken besonders präsent ist. Gern auch mal etwas komplexer, als es die »übliche« Literatur für zupfmusikalische Laien ist.
Bei Stücken für Mandoline solo, die in der Regel etwas vielseitiger sind als Orchesterwerke, versuche ich immer, möglichst vom Instrument aus zu denken bzw. alles, soweit möglich, selbst auszuprobieren. Zugegebenermaßen halte ich mich dabei nicht an mandolinistische Fingersatzkonventionen, sondern denke eher gitarristisch.
Im Verhältnis zur Gitarre hat es die Mandoline hinsichtlich ihrer Verbreitung und ihrer «kultur-gesellschaftlichen« Akzeptanz doch immer noch schwer. Was z.B. Solokonzerte mit sinfonischer Begleitung betrifft, so wäre der Unterschied wahrscheinlich gar nicht mal so groß, auch wenn gerade bei der Mandoline immer gesagt wird, sie sei nun mal zu leise. Ich habe eher den Eindruck, dass der Mandoline die Lobby fehlt bzw. es zu wenig herausragende Persönlichkeiten gibt, die arrivierte Komponisten oder Komponistinnen dazu bringen, für dieses Instrument zu schreiben. Für die Gitarre haben im Laufe des 20. Jahrhunderts doch einige »klassische« Komponisten Werke geschaffen (Walton, Britten, Tippett, Henze, Lachenmann, Berio …), aber für die Mandoline? Ein Problem ist sicherlich, dass die Mandoline kaum ohne den Zupforchester-Zusammenhang in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird (auch ganz anders als die quasi vergleichbare Violine). Höchstens als exotische Beigabe oder als Lieferant von Lokalkolorit z.B. in Opern.
Dass die Landesmusikräte ein »Jahr der Mandoline« ausgerufen hat, ist natürlich ehrenwert. Ob sich die Mandoline damit aus der Komfort-Zone Laienmusik, in der sie sich doch weitgehend bewegt, spürbar herausholen lässt, bleibt abzuwarten. Natürlich hat sich in den letzten Jahren etwa durch die internationale Popularität von Interpreten wie Avi Avital schon etwas getan. Aber ich habe den Eindruck, dass z.B. in den USA, wo die Mandoline in der Bluegrass-Variante einen ganz anderen Stellenwert hat und viel stärker in der auch deutlich populäreren Volksmusik verwurzelt ist als die Neapolitanische Mandoline bei uns, Interpreten wie Chris Thile mit einem breiteren stilistischen Angebot auf deutlich größere Resonanz stoßen.
Der Bereich Laienmusik hat natürlich den Vorteil, dass man (auch als Komponist) stets auf ein dankbares und weitgehend »unkritisches« Publikum trifft. Dadurch bewegt sich aber auch relativ wenig. Siegfried Behrends Versuche, vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren den Anschluss an die zeitgenössische Musik zu erreichen, war nicht besonders nachhaltig. Wir schmoren doch sehr in unserem eigenen Saft. Sachdienliche Rezensionen von Konzerten etwa gibt es kaum, oft müssen wir sie ja auch noch selbst schreiben. Als Kritiker wird man Laien immer mit Samthandschuhen anfassen, das ist klar, aber wer sich kompositorisch der Öffentlichkeit präsentiert, sollte durchaus »sachlich« bewertet werden.