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Ruth Ellendorff

In diesem Jahr haben die Landesmusikräte die Tuba zum Instrument des Jahres gekürt.

Ruth Ellendorff: Das freut mich wirklich sehr. Es gibt so viele Geschichten, wie die Leute zu diesem Instrument gekommen sind. Das ist oft Zufall, weil im Ensemble eben die Tuba gefehlt hat und dann hieß es, wer möchte? Wenn wir dieses Jahr aber nutzen, um für das Instrument zu werben, geben wir dem Nachwuchs die Möglichkeit, sich bewusst dafür zu entscheiden.

Wie ist denn Ihre Geschichte, wie sind Sie zur Tuba gekommen?

Naja, auch so ähnlich. Ich war in Posaunenchören aktiv, habe Tenorhorn gespielt, dann fehlte im Blechbläserensemble die Tuba. Es war ein Leihinstrument vorhanden, das habe ich mitgenommen und dies und das probiert. Da ich immer gern die Bassstimme gespielt habe, war das dann schnell mein Instrument. Im Laienmusikbereich war es cool, als Jugendliche Tuba zu spielen, man wurde immer mit Handkuss ins Ensemble aufgenommen, weil das Instrument gefragt war. Meine Schülertuba von damals habe ich übrigens heute noch.  

Was lieben Sie an Ihrem Instrument?

Da kann ich richtig ins Schwärmen kommen. Mir gefallen die variierenden Aufgaben. Manchmal ist sie die leise Klangfarbe. Wenn Tuba besetzt ist, ist sofort mehr Sound da. Sie hat auch große Soli wie in Wagners Siegfried. Da symbolisiert sie den Drachen, das Thema ist groß und bedrohlich. In Mussorskys Bilder einer Ausstellung gibt es eine Szene, in der ein Ochsenkarren gezogen wird. Da kann man richtig hören, wie schwer der Karren ist. Die Tuba kann hohe und tiefe Soli haben. Sie spielt dann, wenn es super dramatisch wird, aber auch die schönen Melodien. Sie kann sich wie im Wallkürenritt von Wagner in den Posaunensatz einordnen und ist dann dort das »Extra«.

Es gibt meist nur eine Tuba im Orchester. Macht das einsam?

Aber nein, es gibt doch die Posaunen, die der Tuba klanglich nah stehen. Wir sind zusammen der Tiefblechsatz. Das sind immer sehr nette Kolleg/-innen. Der Nachteil ist allerdings, dass ich niemanden habe, mit dem ich mich abwechseln, meinen Dienst tauschen kann. Wenn wir Programme haben, in denen Tuba besetzt ist, bin ich immer »dran«. Es gibt auch freie Phasen, aber wenig dazwischen: Man hat gefühlt alles oder nichts.

Gibt es Dinge, die Sie an Ihrem Instrument nicht mögen?

Das Schleppen! Wenn ich früher unterwegs war, hatte ich oft zwei Tuben zu tragen, zusätzlich zum Gepäck. Ich bin immer mit den Öffentlichen gefahren, da ich mir im Studium kein Auto leisten konnte. Zum Glück gab es nette Mitreisende, die mir manchmal einen Instrumentenkoffer abgenommen haben, vor allem, wenn es beim Umsteigen schnell gehen musste.

Frauen und Tuba? Ist das mittlerweile Alltag oder gar kein Thema?

Während meines Studiums habe ich gemerkt, dass meine männlichen Mitstudierenden zum Probespiel eingeladen wurden, ich aber nicht, bei gleicher Qualifikation und ähnlichem Lebenslauf. Zu Anfang meines Berufslebens bin ich schon etwas »bestaunt« worden, mittlerweile ist das in meinem Umfeld aber gar kein Thema mehr. Wenn ich mit meiner Tuba in Orchestern zum wiederholten Male Aushilfe spiele ist das nichts Besonderes.

Studiert haben Sie u.a. in Salzburg bei Prof. Andreas Martin Hofmeir. Er ist Tubist und Kabarettist, hat das Buch KEIN AUFWAND1 geschrieben. Darin erklärt er humoristisch, dass es überbewertet wird, fleißig zu sein.

Mein Professor ist sehr begabt, trotzdem geht ohne Fleiß nichts. Ich selbst war im Studium sehr fleißig und übe immer noch viel. Es ist, meiner Meinung nach, in unserem Beruf sehr wichtig dran zu bleiben, sich weiterzubilden, gut und produktiv zu üben.

Was erhoffen Sie sich von der Aktion Instrument des Jahres?

Beim Staatstheater Oldenburg gibt es das Educationprogramm »O*Mobil«.  Mit dem Blechbläserquintett des Orchesters fahren wir u.a. in den ländlichen Raum und spielen in Grundschulen. Die kleinen Konzerte machen uns viel Freude, zumal die Kinder danach die Instrumente ausprobieren dürfen. Das Blechbläserquintett verteilt sich dann im Saal und die Kinder dürfen das Blech testen. Interessanterweise haben sich häufig viele Mädchen bei mir und meiner Tuba angestellt. Da kann man mal sehen, wie wichtig eine Vorbildfunktion ist. Ich erhoffe mir in diesem Jahr weitere Impulse, es ist wichtig, dass die Tuba in den Mittelpunkt gerückt wird. Sie ist so vielseitig einsetzbar und es ist die Gelegenheit, das zu zeigen.

Die Tuba ist für mich das schönste Instrument!


Ruth Ellendorff ist eine von zwei (!) Tubistinnen in Deutschland, die eine feste Stelle haben. Insgesamt gibt es für dieses Instrument deutschlandweit 105 Stellen in öffentlich finanzierten Orchestern. Ruth Ellendorff ist seit 11 Jahren am Staatstheater Oldenburg engagiert.


1Andreas Martin Hofmeir, Kein Aufwand, schrecklich wahre Geschichten aus meinem Leben mit der Tuba, btb, mit Illustrationen von Carl-Heinz Daxl

 

Hörtipp

Podcast: Eine Stunde GLANZGESPRÄCH mit der Tubistin Ruth Ellendorf! (Zur Folge 11 hinunter scrollen)