Die von uns eingesammelten Spenden haben wir zur Verwendung vor Ort an Tatjana Merzyn weitergeleitet. Sie lebt seit drei Jahren in Trujillo/Peru und ist die künstlerische Leiterin der Musikschule Arpegio. Von ihr erhielten wir die nachfolgenden Berichte (Stand: 12.05.2017) über die aktuelle Lage vor Ort und zur Verwendung der erhaltenen Spenden.
wir möchten uns erstmal ganz herzlich für eure große Hilfsbereitschaft bedanken! Wir sind überwältigt davon, wie viele Menschen unsere Spendenaktion unterstützt haben! Wir haben bis jetzt über 38.000 Euro gesammelt. Mehr als 250 Privatpersonen haben gespendet, es fanden Benefizkonzerte in Frankfurt und Eberswalde statt, auch das Landesjugendorchester Sachsen hat für uns gesammelt sowie die Kirchengemeinde in Mühlhausen u.a. Weitere Benefizkonzerte in Würzburg und Hamburg sind geplant. Wir melden uns heute bei euch, um euch einen Zwischenbericht zu der aktuellen Lage hier in Trujillo und dem Stand unserer Hilfsaktion zu geben.
Trujillo: Es ist jetzt gut sieben Wochen her seit die erste Schlammlawine Trujillo überrollt hat. Es folgten viele weitere, die mehrere Schneisen der Verwüstung hinterlassen haben. Die ungewöhnlich starken Regenfälle taten ihr Übriges. Hier in der Region La Libertad sind mehr als 20.000 Menschen obdachlos geworden. Wochenlang gab es in weiten Teilen der Stadt kein fließend Wasser. Einige unserer Schüler in Esperanza haben bis jetzt kein Wasser und müssen sich das Wasser in Bottichen nach Hause schleppen. Ansonsten hat sich die Situation in der Stadt inzwischen ziemlich normalisiert. Die Schule hat am 17. April nach fünfwöchiger Pause wieder begonnen und die Aufräumarbeiten in der Stadt sind deutlich vorangeschritten. Auch die Versorgung mit Lebensmitteln funktioniert wieder gut. Nur die Straßen sind noch stark beschädigt. Überall in der Stadt klaffen riesige Schlaglöcher und die Überlandstraßen nach Lima, in den Norden und ins Hochland sind immer noch teilweise unbefahrbar.
Arpegio: Die Häuser folgender Arpegio-Angehöriger in Porvenir sind komplett oder größtenteils zerstört: Anjely und Großfamilie, Roy, Benjamín und Bexi, Claudia Quesquén und Großfamilie, sowie die Häuser der drei Schwestern, der Mutter und des Neffen von Carlos Juárez sowie das Haus von Marianas Mutter. Von folgenden SchülerInnen aus den Außenstellen wissen wir, dass sie ebenfalls betroffen sind, aber nicht so schwer: Lesly, Franco und Piero in Porvenir sowie Sharon, Eliezer, Jonathan und Génesis in Esperanza. Viele weitere SchülerInnen haben ebenfalls Schäden an ihren Häusern zu verzeichnen, sind aber nicht unbedingt auf Hilfe von außen angewiesen. Abgesehen davon haben natürlich alle in der Stadt mehr oder weniger stark unter den Auswirkungen der Katastrophe gelitten. Noch bis Ende des Jahres werden wir in Arpegio zu spüren bekommen, dass auf Anweisung des Bildungsministeriums hin, aller Unterricht der ausgefallenen 23 Schultage nachgeholt werden muss. Das heißt, dass unsere SchülerInnen jetzt auch nachmittags, samstags, sonntags und/oder in den Ferien in die Schule müssen. Viele werden daher weniger Zeit für Arpegio haben. Ob diese Maßnahme pädagogisch sinnvoll ist, sei dahingestellt …
Noch viel schwerwiegender für den laufenden Betrieb in Arpegio ist, dass die Schäden am Musikschulgebäude viel gravierender sind, als wir zunächst dachten. Das Dach und mehrere Wände sind komplett durchgeweicht und selbst in den unteren Stockwerken hat sich Schimmel gebildet. Auch der Holzboden im Probensaal muss komplett ausgetauscht werden. Deshalb musste u.a. letzte Woche der ganze Unterricht ausfallen und wir wissen nicht, ab wann wir wieder Tutti-Proben machen können.
Soforthilfe: Besonders in den ersten zweieinhalb Wochen waren wir fast täglich in den betroffenen Gebieten, um Soforthilfe zu verteilen. Wir haben für insgesamt fast 6000 € Wasser, Lebensmittel, Mückenschutz, Windeln, Mundschutz, Kerzen u.a. gekauft. Wir sind nach Porvenir (v.a. Río Seco, Alto Trujillo), Esperanza (v.a. Milagro, Vírgen de Socorro) und in zahlreiche Dörfer bei Laredo, Simbal, Ascope und Paiján gefahren. In den verschiedenen Gebieten und Zeltlagern haben wir jeweils mit einer anderen peruanischen Privatinitiative, dem Roten Kreuz, der Polizei und vereinzelt auch mit staatlichen Vertretern zusammen gearbeitet, um die Hilfsgüter zu verteilen. Überwiegend wurde unsere Hilfe sehr friedlich und dankbar angenommen. Es gab aber auch schwierige Momente. Wie man sich vorstellen kann, waren viele Menschen sehr verzweifelt. Bei einigen hatten wir aber auch das Gefühl, dass sie vor allem an das eigene Wohl denken und versuchten, die Situation auszunutzen. Wir waren froh, dass wir nie alleine waren! Wir haben schnell herausgefunden, dass wir die Hilfsgüter am besten in Tüten verteilen. Wir haben in der Regel pro Familie und zusätzlich pro Kind Tüten verteilt, indem wir entweder von Haus zu Haus gegangen sind oder uns von den Ortskundigen eine Liste mit den betroffenen Familien haben geben lassen, die die Tüten dann an einer zentralen Stelle abgeholt haben.
Langfristige Hilfe: Schon zu Beginn unserer Hilfsaktion haben wir uns überlegt, die betroffenen Arpegio-Familien zu unterstützen. Wir haben erstmal alle Familien in Porvenir und Esperanza besucht, um uns ein Bild von der Lage zu machen. Da wir mehr Spenden gesammelt haben als erwartet, haben wir uns bald entschlossen, die Hilfe auch auf das Umfeld der Arpegio-Familien auszuweiten. Eine weitere Grundsatzentscheidung war, dass wir v.a. mit Sachspenden unterstützen möchten und nur in Ausnahmefällen mit Geldspenden. Wir haben u.a. zwei Familien unterstützt, die die Grundlage für ihren Lebensunterhalt verloren hatten: Marianas Mutter durch den Kauf eines neuen Mototaxis, das von einer der Schlammlawinen mitgerissen worden war, und einen Nachbarn von Anjely mit dem Kauf von elektrischen Werkzeugen, die er braucht, um die Arbeit in seiner Autowerkstatt wieder aufnehmen zu können.
Diese Spendenaktion ist noch lange nicht abgeschlossen. Gerade die am stärksten Betroffenen wissen jetzt größtenteils noch nicht, wie es mit ihnen weitergeht. Der Staat hat Hilfe für die obdachlos Gewordenen zugesagt, aber besonders in Río Seco ist noch nicht klar, wie in Zukunft verhindert werden soll, dass die Wassermassen sich beim nächsten »El Niño« wieder ihren Weg durch diese bewohnten Gebiete bahnen. Noch ist nicht klar, ob oberhalb von Trujillo ein Staudamm errichtet oder ob in der jetzt bebauten Schneise ein großer Kanal gebaut wird. Davon hängt ab, ob die Menschen auf ihre alten Grundstücke zurückkehren können oder umgesiedelt werden müssen.
Wir wollen auf jeden Fall sicherstellen, dass wir am Ende noch genug Geld übrig haben, um auch gerade den am stärksten Betroffenen helfen zu können. Wir wollen keine staatliche Hilfe »doppeln« und müssen daher abwarten, was die Familien vom Staat bekommen und wie wir dann zusätzlich noch unterstützen können. Das kann noch Monate dauern. Auch die Sanierung von Arpegio wird noch langwierig und teuer. Der Transparenz halber weisen wir darauf hin, dass wir bei unserem ersten Spendenaufruf die Arpegio-Sanierung nicht explizit als Spendenzweck angegeben haben, weil wir damals noch nicht abgesehen haben, wie groß die Schäden auch in der Musikschule sein würden. Wir haben daher Rücksprache mit einzelnen SpenderInnen gehalten und uns vergewissert, dass sie jeweils damit einverstanden sind, dass wir ihre Spenden auch für diesen Zweck einsetzen. Wenn ihr ebenfalls einverstanden seid damit, dass eure Spende für die Arpegio-Sanierung verwendet wird, schreibt uns bitte eine kurze Nachricht an katastrophenhilfe.arpegio@gmail.com
Vielen Dank und ganz herzliche Grüße aus Trujillo,
Katharina, Charlotte, Jaron, Jule, Benedikt, Catalina, Franciska und Tatjana
Spenden insgesamt: 38.345 €
Ausgegeben für Soforthilfe: 5.900 €
Ausgegeben für langfristige Hilfe: 5.978 €
• Baumaterial Familie von Benjamín und Bexi (Preorquesta)
• Baumaterial Familie von Lesly (Preorquesta)
• 15 Betten, 18 Matratzen, Kopfkissen und Bettwäsche für diverse Familien
• Wohnungseinrichtung, Bücher und Miete für Claudia Quesquén (Geigenlehrerin)
• Zuschuss zum Neukauf von Mototaxi für Mutter von Mariana (Orquesta de Agua)
• Zuschuss zum Kauf einer Wasserpumpe und Kauf einer Schubkarre für Carlos Juárez (Schülervater, der seit 12 Jahren sein Haus in Porvenir für Unterricht zur Verfügung stellt.)
• Werkzeuge für Autowerkstatt von Wilker Peralta (Nachbar von betroffener Arpegio-Familie)
Noch übrig: 26.467 €